Skrupelloser geht es nicht.
Wieder einmal ein Konkurs erlebt. So macht man sich auf die Suche nach einem neuen Job. Was im Bereich des internationalen Fernverkehr kein Problem ist. Ein Blick in mein Telefonregister lässt Freude aufkommen, da steht die Nummern der verschiedensten Speditionen die immer Fahrer suchen. Was auch meisten Gründe hat.
Nun standen die Schulferien vor der Tür, mein Sohn als ständiger Begleiter wollte unbedingt mit einem gelben LKW fahren. Ein wenig geblättert in meinen Aufzeichnungen, da war doch was. Standen nicht immer an einer Tankstelle in Luxemburg sehr viele gelbe LKW. Es …Hammerte… in meinem Kopf. Ruf doch mal an.
Drei Stunden später der Rückruf, ich kann gleich in den Firmensitz kommen es kann losgehen.
Alles eingepackt und los geht die Fahrt. Die ersten Hundert Kilometer fahren sich ganz gut. Auf einmal Stau. Sechs PKW Fahrer haben es nun nicht mehr eilig, ein Haufen Blech liegt auf der Autobahn, einer sogar mit den Rädern nach oben, der Fahrer dachte wohl der Rollwiederstand auf dem Dach ist nicht so stark.
Für mehrere Insassen geht es nun ganz schnell vorwärts, mit Blaulicht geht es eben schneller. Alles steht, ich darf mit einigen anderen Fahrzeug noch vorbei, danach ist Vollsperrung. Glück gehabt. Die restliche Strecke bewältige ich ohne Zwischenfälle.
Der Firmensitz in Simbach am Inn erreicht, kurze Besprechung, alles klar. Betriebsanweisung, Belehrung und Papierkram ohne Ende. Die Unterschriften sicherten den Chef gegen Strafen ab und ließ die ganze Verantwortung beim Fahrer. Einen LKW hatten sie für mich noch nicht, ab ins Hotel, am Morgen fährt mich ein Kollege nach Luxemburg.
Irgendwas machte mich stutzig, keiner überprüfte ob ich überhaupt mit einem 40 Tonner umgehen kann. Jeder der den LKW Führerschein hat wurde eingestellt, ein regelrechtes kommen und gehen.
In Luxemburg stand ein LKW,die Schlüssel lagen hinter dem Abschlepphacken, die Frachtpapiere im Führerhaus. Kein Fahrzeugübergabe, nichts. Also die Kiste eingeräumt und los Richtung United Kingdom.
Für mich kein Problem, diese Strecken und Entladestellen kannte ich bereits. Wieverantwortungslos ist einen Neueinsteiger auf solche Tour zu schicken. Da braucht man sich nicht zu wundern, dass viele im Straßengraben landen.
Ich bin in den verschiedensten Speditionen gefahren, auch schon 40 Stunden am Stück, aber diese Firma war die Krönung. Wer hier als Anfänger landet kann in kürzester Zeit die Nerven verlieren.
Macht einen Fahrer nachdenklich, warum der Firmensitz in Deutschland ist und nicht in Österreich, wo der Chef seinen Wohnsitz hat. Oder hat man in Österreich vielleicht
Gewerbeuntersagung ?
Es gab Fahrer die wochenlang nicht nach Hause kamen, diese fuhren einfach mit ihren LKW in ihren Heimatort, der Auflieger bleib samt Ladung auf irgendeinem Parkplatz stehen. Andere stellten den ganzen Zug einfach irgendwo ab und verschwanden auf nimmer wiedersehen.
Das Arbeitsmodell der Firma schien nicht schlecht, 4 Wochen fahren und zehn Tage zu Hause, 3 Wochen fahren und eine Woche zu Hause.
Dies dient aber nur zum anlocken neuer Fahrer, die Realität sah anders aus. Standen nicht genug Fahrer zur Verfügung, wurde der Rest so koordiniert, das er nicht nach Hause kam.
Die Arbeitsverträge machten jeden Fahrer für eine nicht zu Ende geführte Tour haftbar. So blieb den Fahrern nichts anderes übrig, so lange zu fahren bis sie ausgelöst werden.
Es wurde jedem Fahrer zugesichert, das die Spesen bei Bedarf bar ausgezahlt werden, für Fahrer ohne Kreditkarte sehr praktisch. Dies erwies sich in den meisten Fällen als Irrtum, so kam es das mancher Fahrer tagelang ohne Geld durch die Gegend fuhren und ums reinen Überleben kämpften mussten.
Jedem Fahrer wurde angeboten durch einen anderen Fahrer mit Firmen PKW abgelöst zu werden. War kein Firmen PKW zur Stelle hieß es ebenfalls weiterfahren. Wer eigenmächtig seine Tour abbrach und den LKW stehen ließ, sah keine Cent Lohn mehr, da im Arbeitsvertrag der Fahrer für die entstehenden Kosten mit seinem Lohn haftet.
Fahranfänger hatten die meisten Probleme, wer sich seine Fahrzeiten nicht einteilen konnte, fuhr rund um die Uhr. Mancher landete im Graben.
Ein Kollege fuhr schon Wochenlang ca. 3 Kilometer an seiner Haustür vorbei, ohne diese jemals zu Gesicht bekommen zu haben. Er ließ sich sogar saubere Wäsche von seiner Frau zu einem Parkplatz bringen. Ihm fehlte einfach der Mut mit dem LKW nach Hause zu fahren.
Dem Chef waren die Fahrer egal, sie waren nur Stückgut, was man austauschen konnte.
Landete der Fahrer im Graben, wurde er in Regress genommen, da er ja garantiert die Fahrzeit überschritten hatte. Im Arbeitsvertrag hatte er ja unterschrieben, diese einzuhalten bzw. bei Übermüdung Pause zu machen. Immer wieder lockte der Chef mit zusätzlichen Bezahlung, Scheibe wechseln oder Urlaubsschein ausstellen und es gab noch eine Fahrt. Fahrer mit Geldmangel fuhren so tagelang ohne ein Auge zu schließen.
Eine cleverer Art, der Chef bot Fahrern mit Schulden an, diese zu übernehmen. Sie mussten nur fahren, fahren und fahren. So fuhren sie auch Tag und Nacht, ohne Beachtung aller gesetzlichen Vorschriften. Hauptsache die Kohle stimmt.
Diese Fahrer kann man mit ihren LKW als absolute Zeitbombe betrachten. Sie fuhren wie im Koma, so richtig ansprechbar waren sie nicht, nur, ich muss weiter keine Zeit, selbst den Kaffee kochten sie während der Fahrt.
Mir ist es beim Tanken passiert, dass der Fahrer hinter mir schon aus gerastet ist, da mein Tankvorgang zu lange dauert. Aber eine Zapfsäule lässt sich nicht drängeln.
Weiter so Kollegen.
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