Irgendwann möchtest du als Fahrer in den normalen Arbeitstag zurück. Eigentlich nichts einfacheres als es zu tun. Was so einfach klingt, erweist sich in den meisten Fällen, bei Fernfahrern, die über längere Zeit unterwegs waren als Problem.
LKW ausräumen und Tschüss, ist einfach. Was danach folgt ist meistens die wahre Hölle.
Die Familie hat sich an das alleine sein gewöhnt, du warst immer nur Gast. Als Fahrer war man immer auf sich allein gestellt, Essen, Schlafen ohne Regelmäßigkeit.
Auf einmal ein geregelter Tagesablauf.
Viele Nächte ist man bis zum umfallen gefahren, jetzt soll man geregelt die Augen schließen, einfach unmöglich.
Es folgen, wochenlang schlaflose Nächte, Unruhe macht sich breit. Kein Lärm von der Autobahn, kein wackeltendes Führerhaus, kein Wind, kein monotones brummen der Standheizung im Winter, keine 50°C Sommer.
Das Telefon bleibt stumm, kein Disponent der brüllt. Wo bleibst du denn? Keine eisige Kälte im Winter auf den Weg zur Toilette, wenn vorhanden, ansonsten frei im Felde.
Der Alltag ist geregelt, wie es scheint hat der Tag keine 24 Stunden mehr. Die schlaflosen Nächte machen dich kaputt. Deine innere Unruhe bringt das ganze Familienleben durcheinander. Wie soll das gut gehen?
Du bist es gewöhnt zu Essen wann du willst, zu Schlafen wann du willst bzw. musst.
Alles vorbei!
In deinem Führerhaus stand immer alles am gleichen Platz. Nun nicht mehr. Die schlaflosen Nächte verbringst du vor dem Fernseher um dich abzulenken, müde macht es dich aber nicht. Die Konflikte in der Familie sind vorprogrammiert. Die innerliche Unruhe wird immer schlimmer, du denkst die Welt ist stehen geblieben. Es gibt keine Bewegungen mehr.
Eben noch am Meer und ein paar Stunden später in den Alpen. Kein Gabelstaplerfahrer der drängelt, es ist gleich Feierabend. Dir fehlt selbst die dreckigste Autobahndusche. Hellwach stehst du nachts am Fenster, nichts bewegt sich, es ist nicht der Autobahnparkplatz oder das Oberdeck einer Fähre. Es ist dein Zuhause.
Was jahrelang ein kleines Führerhaus war, ist nun räumlich geordnet. Nur dein Körper will und will nicht in das normale Leben passen. Rund um die Uhr haben sich die Bilder vor deinem Auge verändert. Und nun?
Immer die selbe Straße, der sich nicht verändernde Blick aus dem Fenster, selbst der Supermarkt ist immer der gleiche und die Menschen um dich, sind auch immer die selben.
Ob man sich an diesen alltäglichen Ablauf gewöhnen kann?
Immer am gleichen Ort? Immer der gleiche Tagesablauf?
Und wenn nicht. Bleibt nur wieder die Autobahn.
Eine Winternacht A7 Richtung Österreich, gegen 23.00 Uhr, ich werde müde an Schlaf ist nicht zu denken. Die Funke an, vielleicht ist ein Kollege auf dem Sender, wenn man quatscht wird man nicht so schnell müde.
Auf Kanal 9, zwei Kollegen quatschen bereits.
Willi ist schon seit zwei Jahren Rentner. Warum fährst du noch? Willi erzählt, mit 65 habe ich aufgehört und die ersten Wochen waren prima. Danach holte ihn der normale Alltag ein. Willi drehte fast durch, nur Ärger mit der Frau, Belanglosigkeiten. Die Kinder sind schon lange aus dem Haus, als sie klein waren haben ich sie nur alle paar Wochen gesehen. Von ihrer Kindheit hat er nicht viel mitbekommen. Willi ist zu Hause die Decke auf den Kopf gefallen und die Rente ist auch zu wenig. Nur Ärger wegen der Kohle, also bin ich wieder los. Die Welt ist für Willi und seiner Frau wieder in Ordnung. Willi fährt bis zum Ende, die Autobahn lässt ihn nicht los.
Klaus aus Hamburg
Es war einmal, er arbeitet in einer Spedition in Österreich am Bodensee. In Friedrichshafen hat er eine Eigentumswohnung zwecks Meldeadresse, seine Wohnung hat Räder und ist ein oranger LKW. Sein Wohnsitz wechselt täglich zwischen Österreich, Schweden, Italien und den Rest Europas. Seine Eigentumswohnung sieht er nur selten, seine Einrichtung befinden sich im LKW, alles was er braucht hat er an Bord. Das wochenlange unterwegs sein hat seine Ehe kaputt gemacht, nur in den Ferien können die Kinder mit auf den Truck. Den Ausstieg hat er schon öfters versucht, es schlug immer fehl. Klaus lebt auf der Straße, ich fahre bis zum Schluss und bleibe auf der Bahn. Mit 43 Jahren bleibt die Straße sein zu Hause, hart aber herzlich.
Frank hat es geschafft
Der Ausstieg viel schwer, nur Differenzen mit der Familie. Zehn Jahren war er auf der Straße, an den normalen Alltag konnte er sich nur schlecht gewöhnen. An Schlaf war nicht zu denken, irgend etwas fehlte. Die Lösung war eine Campingliege mit Schlafsack auf dem Balkon, dazu noch ein Job als Staplerfahrer in einer Versandabteilung. So brach der Kontakt zur LKW Fahrerwelt nicht ab. Nach Monaten konnte er erst wieder in einem richtigen Bett durchschlafen, zur Freude seiner Frau und den Rest der Familie.
Henry aus Halberstadt
Er fand überhaupt keine Beziehung zum absoluten Stillstand. Als Privatfahrzeug hatte er ein Wohnmobil, so das er an Wochenenden und im Urlaub ständig fahren musste. Fahrermacke.
Toll und uns Neulingen sagt man das nicht das man sich durch diesen Dreck sein ganzes Leben kaputt macht. Ich hatte erst so eine Situation die es verlangte, dass ich wieder im normalen Alltag leben kann und mich entsprechend einrichte. Und ich habe Probleme mit neuen Situationen umzugehen und mich daran zu gewöhnen. Ich bin ein Gewohnheitstier, was seine Dinge kennt und diese so braucht wie er es kennt. Ansonsten kommt er nicht mehr klar. Was soll denn das erst werden; wenn ich als Fernfahrer jahrelang unterwegs bin? Ich seh schwarz für die Zukunft. Man geht nur immer weiter unter in diesem System. Nebenbei, dass ich mir mein Leben und mein Auto zerrütte soll ich auchnoch meine Gesundheit kaputt machen oder was? Grauenhaft!